Elsass - alemanische Gründlichkeit - französisches Savoir-vivre

Vor mittelalterlichem Bühnen bild wechselt romantische Vergangenheit mit modernem City-Life. Anziehende Mischung aus alemannischer Gründlichkeit und französischem Savoir-vivre
Die Spitzweg-Idylle täuscht. Zwar blühen an den Fenstern rote und weiße Geranien, doch riecht es hier nicht nach Sauerkraut, der elsässischen Spezialität Choucroute. Der Duft erinnert eher an fremdländische Gewürze. Marokkanische Einwanderer feiern nach einem bunten Markttag auf dem Marché du Canal Couvert in Mülhausen. Die Elsässer betrachten sie mit interessiertem Wohlwollen. Genauso wie Japaner, Amerikaner und Schwobn, wie wir Deutschen dort genannt werden. Als Faustregel gilt: Jeder, der so gern ißt und trinkt wie ein Elsässer, hat nur freundliche Absichten.

Elsaß, die Provinz zwischen Oberrhein und Vogesen, ist für viele Besucher vor allem eine liebevoll geschriebene Speise- und Getränkekarte. Weindörfer wie Perlen auf der Schnur. Verwittertes Fachwerk, Butzenscheiben, Kopfsteinpflaster, karierte Tischdecken, deftige Schlachtplat ten und Braten. Der Riesling dagegen wird in lächerlich kleinen Gläsern serviert, weshalb der erfahrene EIsaß-Reisende stets zwei oder drei bestellt. Ob man nun hungrig in eine Ferme-Auberge in den Hochvogesen einfällt oder andächtig seinen lange vorher bestellten Tisch im Drei-Sterne-Restaurant einnimmt, man wird wirklich wie ein Gast behandelt, nämlich als Freund.


Im Elsaß kann zwischen 12 und 14 Uhr die Welt untergehen, nur dürfen Erbsensuppe mit Schnecken, Coq au vin oder der Baeckeoffe, ein Topf mit dreierlei Fleisch, nicht kalt werden. Die Mittagspause ist hier heilig, dafür frühstückt man meist im Stehen. Am späten Vormittag ist man einem Schluck Pinot Gris nicht abgeneigt. Da wird geguckt und geredet.

Gern und häufig über die leeren Storchennester im Elsaß, denn Meister Adebar, Wahrzeichen des Landes, ist selten geworden. In Aufzuchtzentren wie in Hunawihr kümmert man sich um Nachwuchs, damit der Storch seinen "staatspolitischen Pflichten" nachkommt. Das Elsaß wird durch Dörfer und Weinberge charakterisiert. Auf dem Land pflegt man die gemächliche Gangart, hält an Traditionen fest. Als der Elsässer Karikaturist Tomi Ungerer 1990 für den Blumenkorso von Sélestat ein Plakat entwarf, wogte der Volkszorn, ließ er doch eine spärlich bekleidete Elsässerin auf einem Gorilla reiten.

Die Metropole Straßburg fand es witzig. In diesem "Carrefour de I' Europe" (Schnittpunkt Europas), wo vor 200 Jahren die Marseillaise als Truppenlied komponiert wurde, geht das Elsässische im internationalen Stimmengewirr der Cafés manchmal unter. Das Leben tobt bis spät nachts: Theater, Konzerte und Discos zum Abtanzen.

Das Münster in Straßburg gehört zu den vollkommensten gotischen Bauwerken. Von der Plattform über der beeindruckenden 16-blättrigen Rosette hat man eine herrliche Sicht auf Stadt und Umgebung. Einen Spaziergang wert ist das Château de Pourtalès mit seinem Park. Außen gotisch und innen barocke Skulpturen: L'Eglise St-Thomas. Meistfotografiertes Patrizierhaus der Stadt ist die Maison Kammerzell mit vielen Holzschnitzereien. Schöne Museen für alte, moderne, volkstümliche Kunst und eines für Tomi Ungerer.

Als Inbegriff des typischen Elsaß gilt Colmar. Malerisch ist das alte Viertel Petite Venise am Fluß Lauch. Berühmte Kunstwerke: Isenheimer Altar von Matthias Grünewald und Maria im Rosenhag von Martin Schongauer. Colmars Wahrzeichen ist das St. Martinsmünster.

In Mülhausen lockt das Musée National de l'Automobile mit über 600 Oldtimern, davon 123 Bugatti, beleuchtet von 900 Jugendstil-Laternen. Eine Sammlung von acht Millionen Stoffmustern und Zeichnungen kann man im Musse de ('Impression sur Etoffes bewundern.

Im Städtchen Kaysersberg ist Albert Schweitzer ("Arzt von Lambarene") geboren (Museum).

Veranstaltungen
Die Müsli-Szene trifft sich Ende Mai zur großen Ökomesse in Rouffach.
Sonnwendfeiern Ende Juni im ganzen Elsaß.
Colmarer Weinfest im August (zehn Tage).
Farbenprächtiger Umzug Corso Fleuri Mitte August in Sélestat.
Anfang September Pfifferdai - mittelalterliches Fest der Gaukler und Spielleute in Ribeauvillé (Gratiswein aus Brunnen).
Shopping
Die besten Märkte: Marché du Canal Couvert in Mülhausen; Markt am Boulevard de la Marne in Straßburg; größter Straßenmarkt des Elsaß in Sélestat.
Elsässische Souvenirs: Töpferwaren mit bleifreier Glasur (Betschdorf, Soufflenheim), Gläser und Karaffen, Kupfer-Kochtöpfe à la Bocuse ab Fabrik (Baumlin bei Sélestat). Ansonsten: bäuerlich besticktes Leinen, Weine, Schnäpse (u. a. Schlehe, Waldhimbeere, Stechpalme), Gänseleberpastete, Munsterkäse, Madeleines (Gebäck), Schokoladentrüffel.
Restaurants
Top-Adressen zum Schlemmen im Elsaß sind neben der berühmten "Auberge de I'Ill": "Aux Armes de France" in Ammerschwihr mit Wildgerichten als Spezialität. "Hostellerie du Cerf" in Marlenheim; bekannt für seine Entenleber in Mangoldblättern. "Buerehiesel" in Straßburg: exquisite Küche in altem Bauernhaus im Stadtpark Orangerie. Ebenfalls in Straßburg: "Au Crocodile" mit ele Traditionell: Trachten und Handarbeit ganter Nouvelle cuisine. Spitzenrestaurants in Coimar: "Schillinger" und "Au Fer Rouge" in romantischer Fachwerkhaus-Atmosphäre. Berühmt für seine Lammrippe mit Basilikum ist "Aux Ducs de Lorraine" in Saint-Hippolyte. Geheimtip in Mülhausen: wunderbares Couscous im tunesischen Lokal "Le Monastir". Edelrestaurant in alter Mühle: "Moulin du Kaegy" in Steinbrunn-Le-Bas.