Autun - offensichtliche und verborgene Sehenswürdigkeiten

Im Herzen Burgunds vesteckt sich die Stadt, die schon der römische Kaiser Augustus liebte. Das gewaltige römische Theater wird noch heute für Aufführungen genutzt.

Ein Wurst-Streit beschäftigt die Gerichte Frankreichs. Ausgangspunkt ist ein kleines Fleischereigeschäft in der Rue Guérin in Autun. Dem Pächter dieses Ladens wurde der Vertrag gelöst. Grund: unerlaubte Wurstproduktion. Der Fall ging vor Gericht und durch mehrere Instanzen. Unter der Schirmherrschaft der burgundischen Fleischerinnung kam es gar zu einer Demonstration, doch genützt hat das alles wenig. Jetzt soll der Kassationshof entscheiden, ob der Pächter weiter hausgemachte Würste anbieten darf.

Der Wurst-Kasus ist die aktuellste, aber beileibe nicht die einzige Sensation der Stadt, die einst eine Schwester Roms werden sollte. Unter Kaiser Augustus entstand die Stadtmauer mit ihren großen Portalen, von denen zwei noch erhalten sind, sowie das römische Theater, einst für 20 000 Besucher angelegt. Stolz ist man auch auf die über 800 Jahre alte Kathedrale und den ominösen Stein von Couhard - und auf die verborgenen Sehenswürdigkeiten Autuns.


Ortsansässige nehmen regelmäßig an den Nachtwanderungen durch die eigene Stadt teil. Anlässlich dieser Exkursionen sind viele Tore zu Privatgrundstücken geöffnet, die sonst verschlossen bleiben. Wie es in den Kellergewölben der Stadt aussieht oder hinter der Mauer am Ursulinerinnenturm, den der japanische Burgund-Experte und Restaurator Professor Hisao Takahashi bewohnt, - das ist durchaus von öffentlichem Interesse.

Auch das Historienspiel "Augustodunum" im Amphitheater ist keine Inszenierung für Touristen. Gut 400 Autuner und Autunerinnen sind an der jährlichen Aufführung beteiligt: Die berittene Eskorte des Cäsar stellen junge Mädchen aus dem Reitverein, gefährliche Stunts und dramatische Sterbeszenen auf dem Schlachtfeld sind Sache der Kampfsportschüler. Und wenn der Darsteller des Vercingetorix von römischen Schergen in Ketten gelegt wird, folgt ihm eine Schar besiegter, aber ungebrochen stolzer Achtjähriger, über Lautsprecher von der sonoren Erzählerstimme zu "Kriegern" geadelt. Auch das Publikum, ausgerüstet mit Proviant, Kissen und Kameras, stammt aus Autun. Das wird deutlich, wenn es nach dem Schlussapplaus die Bühne stürmt - jeder kennt hier wenigstens einen der Schauspieler oder zählt ihn zur Verwandtschaft. Gemeinsam gehen dann Mimen und Zuschauer nach Hause oder noch auf ein Glas in die Bar, um zu plaudern - etwa über die Zukunft der einheimischen Wurstproduktion.

Anreise
mit dem Auto: von Mulhouse auf der A 36 über Besancon, Abfahrt Beaune, D 973 nach Autun.
mit der Bahn: von Paris mit dem TVG nach Le Creusot, von dort weiter mit dem Bus (ca. 2,5 Stunden).

Anschauen
Kathedrale-St.-Lazare, place du Ferreau. Leider ist der 80 m hohe Aussichtsturm der Kathedrale zurzeit wegen Renovierungsarbeiten gesperrt. Gehen Sie an anderer Stelle trotzdem nach oben: Im Kapitelsaal sind kunstvolle makabre Kapitelle zu sehen.
Stein von Couhard, im Südosten hinter der Rue faubourg St.-Pancrace. Dieser seltsame Steinhaufen, der aussieht wie eine riesige, grob geschälte Petersillienwurzel, stammt vermutlich aus dem ersten Jahrhundert, war vielleicht einmal 33 m hoch und mutmaßlich pyramidenförmig. Wozu er diente, das weiß niemand. Und das ist vielleicht gut so.

Nachtwanderungen
Von Anfang Juli bis zum 20. August bietet das Tourismusbüro liebevoll inszenierte Nachtwanderungen durch Autun an. Vom taschenlampenbewährten Führer erfährt man allerlei Erstaunliches - etwa, wer die etwas obzsöne Skulptur versteckt an einer Kathedralen-Strebe angebracht hat: ein schlecht bezahlter Baumeister soll es gewesen sein.

Auskunft
Office de Tourisme de la Ville d'Autun: 2 Avenue Charles de Gaulle, 71400 Autun, Tel.: 03-85868038, Fax: 03-85868049, Internet: www.ville-autun.fr