Atlantikküste - Abwechslung der Landschaft, Architektur und Küche

Ein Streifzug von der Mündung der Gironde bis zur Grenze nach Spanien. Weinbarone im Bordelais. Wellenreiter in Biarritz. Schnörkelvillen und Sanddünen. Frische Austern und ein kühler Entre-Deux-Mers.

Wenn Westwind aufkommt, die Wellen meterhoch gegen die Küste rollen und die Gischt um die gestreiften Strandzelte der Grande Plage züngelt, dann ist Surftime in Biarritz. Die Brandungsartisten in buntem Neopren sind internationaler als ihr Publikum auf der Promenade oder auf der Terrasse des Fünf-Sterne-"Hôtel du Palais" hoch über der Bucht. Biarritz zieht heute mehr die Surfer-Elite als die High-Society an.

Anders zur Zeit der Belle Epoque, von deren mondänem Charme noch viele Fassaden und Interieurs der Stadt zeugen. Für den Hochadel war Biarritz damals en vogue, der Ballsaal Europas. Dank Eugenie, der Gemahlin Napoleons III., die sich 1856 die feudale Villa Eugenie (heute das "Hôtel du Palais") bauen ließ und Biarritz zur kaiserlichen Sommerfrische erhob. Ein anderes aristokratisches Paar machte im Nachbarort Saint-Jean-de-Luz Geschichte: In der Kirche Saint-Jean Baptiste, wo nach baskischer Sitte die Männer auf den umlaufenden Galerien und die Frauen "im Parkett" sitzen, heiratete Ludwig XIV. die spanische Infantin Maria-Theresia. In den Gassen rundum die Place Louis XIV. erinnern die vielen weißen Häuser mit dem bunten Fachwerk an das baskische Hinterland von Saint-Jean-de-Luz. Und nirgends fehlt die Pelota-Wand für das Squash à la basquaise. Ab und an, zum Beispiel in Biriatou, waltet im schattigen Wirtsgarten ein Kochkünstler vom Typ Bocuse.


Nördlich von Biarritz geht die Côte Basque in die Côte d'Argent über, 240 Kilometer Sandstrand bis zur Gironde-Mündung. Hinterm Dünensaum fangen Pinienwälder den Flugsand auf, die Flüsse stauen sich zu Teichen und Seen. Leute, die es idyllisch mögen, quartieren sich hier ein. Direkt an die Silberküste fahren Urlauber, die es windiger, wilder und lauter mögen. Die Gegend ist bretteben, der einzige Berg 114 Meter hoch und aus Sand. Von oben ein toller Blick über Dünen und Pinien, auf den Leuchtturm von Cap Ferret, die Bucht von Arcachon und den Atlantik.

Arcachon hat pompöse Schnörkelvillen, in der Bucht kurven Ausflugsboote und Wasserskifahrer um riesige Austerngehege: 20.000 Tonnen werden jährlich geerntet. Am Wochenende gehört die Bucht von Arcachon bis Cap Ferret den Bordelaisen, die hier ihr Haus, ihre Yacht oder auch nur ihr Stammlokal haben. Gewitzte Touristen weichen dann nach Bordeaux aus, das viele zu den schönsten Städten Frankreichs zählen. Die eleganten Prachtbauten aus dem 18. Jahrhundert und die Gassen von Vieux Bordeaux mit schicken Boutiquen, Bistros, Trödel- und Weinläden sind schön restauriert.

Im Bordelais - mit berühmten Anbaugebieten wie Médoc, Sauternes, Graves, Saint-Emilion - residieren mehr als 3000 Weinbarone. Rebenhügel und Austernbänke begleiten die Küste weiter nördlich bis dorthin, wo sich Frankreichs längster Fluß, die Loire, in den Atlantik ergießt - auch auf seinem letzten Stück begleitet von prächtigen Burgen, Schlössern, Abteien. Die feinsten Sandstrände, wie im Süden von Pinienwäldern gesäumt, sind über lange Brücken zu erreichen und umrahmen Inseln wie Oléron Ré und Noirmoutier.

Kunst und Kultur
Aquitanien, das Land an der Atlantikküste, wurde von der Geschichte arg gebeutelt, war Kampfgebiet von Römern, Arabern, Goten, Franken, Normannen und Angelsachsen. Viele mittelalterliche Bauwerke tragen den Stempel angelsächsischer Architektur. Es ist ein Land der Schlösser, Burgen und Gotteshäuser. Allein zwischen La Rochelle, Rochefort und Saintes finden sich mehr als 200 romanische Kirchen. Poltiers ist eine der bedeutendsten Kunststädte Frankreichs: Die Altstadt bietet Anschauungsunterricht vom Altertum bis zum Mittelalter. Nördlich von Poltiers liegt Futuruscope, der erste technologische Freizeitpark Europas. Anziehungspunkt in La Rochelle ist der malerische alte Hafen Vieux Port mit mächtigen Türmen. Schön ist auch das ehemalige Rathaus, ein prächtiger Renaissancebau. Viele Schätze bietet Bordeaux, wo der deutsche Dichter Hölderlin 1802 lebte. Das Grand Théâtre, ein neoklassizistischer Bau, gilt als das schönste Theater Frankreichs und war Vorbild für die Pariser Oper. Imposant ist auch die Cathédrale Saint-Andre mit Stilelementen mehrerer Epochen.

Veranstaltungen
Fünftägiges Musikfestival im Mai in Bordeaux. Buntes Fest am 24. und 25. Juni in Saint-Jean-de-Luz. Berühmt sind die traditionellen Weinfeste in St-Emilion im Juni und September. Turbulentes Altstadtfest im August in Bayonne. Meeresfeste finden im August in Bierritz und in Arcachon statt. Ende August gibt es ein einwöchiges Musikfestival an der Côte Basque.

Essen und Trinken
Der Atlantik deckt die Tafel: Austern, Langusten, Krabben, Muscheln. Fische wie Steinbutt, Seewolf, Thunfisch, Makrelen. Hinzu kommen zahlreiche Flußfische. Im Baskenland wird viel mit Tomaten und Knoblauch gekocht, die Bordelaiser Küche spart nicht am Wein.
Spezialitäten: Schinken aus Bayonne, einkochtes Geflügel (Confits). Weltberühmt sind die roten und weißen Bordeauxweine, der Armagnac (einmal gebrannt) und der Cognac (zweimal gebrannt).