Fonterutoli - Flecken im Herzen der Toskana

Für Francesco Mazzei, den hiesigen Gutsherren, ist es selbstverständlich, hier zu wohnen. So selbstverständlich wie für den Papst, im Vatikan zu residieren. Seit 1435 leben die Mazzei auf Fonterutoli, das noch heute stolz Castello heißt, obwohl es im 16. Jahrhundert zu einer toskanischen Villa umgebaut wurde, die nichts von einer Festung hat.

Zwar gingen Francesco und seine vier Geschwister in Florenz zur Schule, aber die Sommer verbrachte man auf dem Land. Und was für Sommer! Auf den eigenen Pferden durchs Chianti reiten, die Wälder nach Stachelschweinspuren durchstreifen, sich in den verborgenen Winkeln des großen Gutshauses verstecken - Sommer in Fonterutoli, das war Freiheit, der Duft von Zypressen, Lavendel und Zitronenbäumen.


Geblieben ist der verträumte Frieden dieses kleinen Nests, das nicht mal ein richtiges Dorf ist, sondern ein verschlafener Weiler mit ein paar Dutzend glyzinienberankten Bruchsteinhäusern, einer Handvoll Straßen, die nach Musikern benannt sind, einer grün gestrichenen Bank vor der Kirche San Miniato, auf der Frauen mit Schürzen und Kopftüchern in der Morgensonne sitzen.

Die "Osteria di Fonterutoli", ein Landgasthof mit einem Dutzend Tischen, serviert einfache toskanische Köstlichkeiten wie cinghiale und trippa, Wildschweinbraten und Kutteln. Die Ferienapartments im Dorf sind eingerichtet mit alten Möbeln aus dem Familienbesitz der Mazzei, mit offenen Kaminen, Steinböden, Terrassen und einem Swimmingpool, von dem man bis nach Siena gucken kann.

Der vielleicht beste Grund, nach Fonterutoli zu reisen, ist der Wein. Er hat diesen Flecken weit über die Grenzen der Toskana hinaus bekannt gemacht. Super Tuscans nennt man die Spitzenweine, mit denen die Mazzei seit Jahrzehnten zum Zentrum des italienischen Weinadels gehören, ein Super Chianti gehört auch dazu. Weingeschichte schreiben sie schon seit ein paar Jahrhunderten. Einer der Vorfahren schrieb schon im 14. Jahrhundert so wunderbare Sätze wie: "Beim Verkosten dieser herrlichen Weine haben wir nichts als gelacht."

Heute führt Francesco mit seinem Bruder Filippo das Weingut. Viel hat sich geändert, seit die beiden als Kinder durch diese Straßen tobten. Francesco ist groß geworden. Und die Welt um ihn herum kleiner. "In einem Schulaufsatz habe ich damals geschrieben, dass unser Garten riesig ist, mindestens einen Kilometer lang - daran erinnere ich mich manchmal, wenn ich sehe, wie klein das alles in Wirklichkeit ist." Natürlich schrumpfen die Dinge in unserer Umgebung, wenn wir erwachsen werden. Aber der von Zitronenbäumen gesäumte Weg ist doch einige hundert Meter lang. Und die schweren Terrakottakübel werden noch immer im Winter in die limonaia gebracht - so heißen auf Italienisch die Orangerien.
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