So vieles kann man arglos genießen in
Triora: die ligurischen Antipasti im "Colomba
d'Oro" Honig und bruzzo, eine Käsespzialität
aus fermentierter Ricotta, in "La Strega di
Triora", dem kleinen Laden am Corso Italia.
Auf dem Tennisplatz unterhalb des Dorfes schlagen
sich Schulmädchen Bälle zu. Aber
sobald man durchs Quartiere della Sambughea
geht, den ältesten Teil des Dorfes, taucht
man ein in eine andere Welt. Nichts ist hier
mehr zu spüren von der hellen Leichtigkeit
der Riviera, obwohl die Küste mit dem
azurblauen Meer kaum 30 Kilometer entfernt
ist.
Geschützt von einer Befestigungsmauer
hat sich in Triora ein mittelalterliches Geflecht
aus überbauten Gängen erhalten.
Eine Art Tunnelsystem, so außergewöhnlich,
dass es im lokalen Dialekt ein eigenes Wort
dafür gibt: carugi. Mal öffnet sich
der Hohlweg überraschend zu einem sonnigen
Plätzchen - ein Garten voller Rosmarin
und Stockrosen, eine weinberankte Terrasse,
Stille. Ein paar Meter weiter endet eine eingestürzte
Treppe im Nichts, ein ausgetretener Steinweg,
so steil, dass man eiserne Handläufe
ins Mauerwerk eingelassen hat, führt
vor ein morsches Haus mit verwitterter Fassade.
An einer Holztür, die nur noch halb in
den Angeln hängt, ein Schild: Vendesi,
zu verkaufen. Es riecht nach modrigem Stein;
Flechten, Moose und Sträucher haben vom
Mauerwerk Besitz ergriffen.
Es macht einen fröstelnd zwischen diesen
Häusern, von denen keines den verfolgten
Frauen Zuflucht bot. Bergab, aufs Licht zu,
wird die steinerne Kaskade der Häuser
jäh gebremst vom Corso Italia, der Verbindung
zur Welt jenseits der Berge.
Vom kleinen Balkon im Hotel "Colomba d'oro",
blickt man über die hölzerne Brüstung
ins Tal, und Triora wirkt wie ein freundliches
Dorf aus Heidis Bergwelt: So sanft und grün
sind die Hügel, so süß ist
der Duft des runden Sauerteigbrotes Parte
di Triora, der vom Nachbarhaus herüberweht.
Zwei Kühe weiden im Tal, leise läuten
ihre Glocken bis ins Dorf, jeder Ton klingt
nach Frieden und harmlosem Landleben.
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