Auf der neuen Dorfstraße von Aliano
schlägt einem plötzlich eine trotzig
verlorene Gegenwart entgegen: Die meisten
Dorfbewohner haben sich irgendwann auf das
schmale Hochplateau geflüchtet und manierliche,
zeitlos moderne Häuser gebaut. Sie bieten
ihnen seit dem großen Beben Anfang der
achtziger Jahre auch Zuflucht vor den alltäglichen
Erdrutschen, wenn der Regen die schutzlose
Kruste mit sich in die Ewigkeit hin abreißt.
Unten im Centro Storico, dem ursprünglichen
Aliano, das heute fast verlassen ist und wo
auch das Wohnhaus von Carlo Levi langsam verfällt,
krallt sich wie eine Ansammlung von Schwalbennestern
das alte Dorf an die Felsen. In dunklen Fensteröffnungen
flattern Hühner. Bis vor kurzem lebten
die Menschen noch mit ihren Tieren zusammen.
Carlo Levi hat das Lebensgefühl so beschrieben:
"Wir sind keine Christen, keine Menschen,
wir gelten nicht als Menschen, sondern als
Tiere, als Lasttiere und noch geringer als
Tiere und Koboldwesen, die doch ihr freies,
teuflisches oder engelhaftes Dasein leben."
Und schon wieder eine Kluft, der Blick in
eine andere Welt, die noch nicht fertig ist.
Zerknittert, verworfen, einem Gerippe ähnelnd,
aus dem wie ein unsichtbarer Nebel die Stille
steigt, denn die Geräusche fressen sich
selber. Noch vor vierzig, fünfzig Jahren,
auch das hat Carlo Levi erzählt, wohnten
hier Drachen, Wolfsmenschen und Luftgeister.
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